Stilübung für Anfänger #1 (DE)

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Stilübungen

Kennt ihr das Buch "Stilübungen" von dem französischen Schriftsteller Raymond Queneau?

Darin wird eine kurze Szene wird in verschiedenen "Stilen" neu präsentiert, interpretiert etc. Einige sind interessant (als Gedicht oder Haiku), andere lustig (z.B. als Lied), aber manche auch unlesbar und unnötig (z.B. in sinnlosen Zahlenfolgen aus mathematischen Permutationen).

Er hatte zum Beispiel keine "Genres" (Horror, SciFi, …) verwendet, ich finde, eine verpasste Möglichkeit!

Mein Ziel ist es, als Übung eine ganz kurze Geschichte bzw. Szene in verschiedenen Stilen neu zu interpretieren. Dabei werde ich ein paar von Queneaus Ideen übernehmen, aber sicher auch Neues ausprobieren und die Konventionen von verschiedenen Genres anwenden.

Ich habe noch keine Idee, ob das witzig oder interessant wird, aber ich werde mich bemühen, unterhaltsam und kreativ zu bleiben. So eine Übung ist Gold wert, das habe ich schon bei den Klappentexten gesehen. War es zu Beginn schwierig, tue ich mir jetzt viel leichter, einen guten „Blurb“ zu verfassen.

Meine Ideen sind vielfältig, z.B. will ich Genres benutzen, aber auch literarische Experimente wie „Cut ups“ und Kombinationen aus diesen. Aber auch Altbewährtes, wie in Theater-Szenen, Dialekten oder als Gedicht. Die Möglichkeiten scheinen zahllos.

Zumindest wöchentlich wird es eine Übung geben, da es wahrscheinlich mehr Arbeit benötigt, als ich mir vorstelle. Schwierig war es schon mal, eine passende Kurzgeschichte bzw. Szene zu finden, die mit ein paar Twists auffahren kann und vielleicht in weiterer Folge interessant umgestaltet werden kann.

Exersice in style.jpg

Folgende ist meine Szene:

Original

Robert, ein Zahnarzt, dachte gerade an seine Arbeit, als er fröhlich pfeifend die Straße entlang spazierte.
Plötzlich sprach ihn ein hübsches Mädchen an und erkundigte sich nach der Zeit. Er antwortete höflich und blickte ihr lächelnd nach.
Später, beim Mittagessen im Café merkte er, dass seine Brieftasche verschwunden ist.
Zwei Tage später sieht Robert das hübsche Mädchen im Café und stellt sie zur Rede, doch er bekam gehörig Ärger mit ihrer Begleitung.
Der Ober des Cafés hatte die Brieftasche unter einem Tisch gefunden und hört, worüber sie streiten, daher gibt er ihm die Brieftasche nun zurück.

Daraus folgt die Stilübung:

Wienerisch

Bertl, a masochistischer Pappnschlosser, gfreid si scho aufs Zandl ziagn, während er deppat grinsend jedem in der Gossn mit seiner guaden Laune so richtig am Oasch geht.
A gaunz a liabs Pupperl frogt eam scheinheilig noch der Uhrzeit, er sogt darauf: „Es is Zeit für an Kaffee mit mir!“ Sie schleicht si und denkt si „Geh ma net am Zager!“. Er pfeift ihr wi a g‘schissener Vollpfosten hinterher.
Beim Habern z‘mittag im Café foid eam auf, dass sei Gödbeidl furt is: „So a Schaaaas!“
A por Tog später siecht da Bertl dessöbe Pupperl und draht mit ihr aun, aber ihr Haberer gibt erm ordentlich Zores: „Deppata, wennst audrahn wühst, dann kaunnst glei in den 71er ei‘steigen!“
Da Herr Oba vom Café hot sein Gödbeidl letztens under‘m Tisch g‘funden und hert den Bahö, und er gibt erman z’ruck. „Oida!“